Eine kleine Eisenbahngeschichte
Als am 7. Dezember 1835 die erste (englische) Dampflokomotive „Adler“ auf deutschen Schienen fuhr, konnten die Menschen an der sechs Kilometer langen Strecke Nürnberg–Fürth nur ahnen, welche Bedeutung dieser Moment haben würde. Angesichts der Kraft und Geschwindigkeit der Lokomotive herrschte eine große Faszination unter den Zuschauern, zugleich war einigen das fremde Gefährt unheimlich. Mit der Erfahrung wichen jedoch die Zweifel: eine Fahrt mit der Eisenbahn sparte Zeit und bot ungekannten Reisekomfort. Benötigte man von Kiel nach Altona mit der wackligen Kutsche 43 Stunden, waren es im Jahr 1844 mit der Bahn nur noch rund drei. Aus den ersten Schienenkilometern waren 1860 bereits über 16.500 Kilometer geworden – große wirtschaftliche und politische Veränderungen waren die Folge: der Maschinenbau brachte der Industrie enorme Fortschritte, der Gütertransport stärkte die Wirtschaft und die deutschen Staaten wuchsen durch den grenzüberschreitenden Verkehr mehr und mehr zusammen. Als 1839 die ersten in Deutschland gebauten Lokomotiven ihren Dienst antraten, war das Eisenbahnfieber bereits in vollem Gange – der Aufbruch in eine moderne Welt hatte begonnen. Die Dampflokomotiven blieben in Deutschland bis in die 1950er Jahre die vorherrschenden Triebfahrzeuge der Eisenbahnen. Ihre endgültige Ablösung durch Elektro- und Dieselmotoren erfolgte in den 1970er und 1980er Jahren.
Schnellzuglokomotive S 3/6
Die Schnellzuglokomotive S 3/6 gilt unter vielen Eisenbahnkennern als der Star des Lokomotivbaus – schon früh zog sie durch ihre Eleganz und Schönheit die Blicke auf sich. Und Tempo machen konnte sie auch: Die S 3/6 fuhr vor allem die schnellen Verbindungen ohne Zwischenhalt – dabei kam sie auf Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h; bei einem Langstreckenrekord 1951 legte sie 820 Kilometer zwischen Hamburg und München an einem Stück zurück und kam sogar auf eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h. Daher wundert es nicht, dass seit 1908 von ihrer Bauart auch besonders viele Exemplare und Varianten produziert wurden – einzelne Maschinen waren über vierzig Jahre im Einsatz, die letzten wurden erst Mitte der 1960er Jahre außer Dienst gestellt.
Als die oben abgebildete Lok 1954 ausgemustert wurde, hatte sie in ihrer 42- jährigen Betriebszeit 2,5 Millionen Kilometer auf dem Buckel – heute genießt sie ihren wohlverdienten Ruhestand im Verkehrszentrum des Deutschen Museums in München.
Nebenbahnlokomotive PtL 2/2
Die PtL 2/2 ist eine kurios anmutende Lokomotive. Wie ihr Name schon sagt, kam sie vor allem auf Nebenstrecken zum Einsatz. Sie war sehr leicht und kompakt und kam ohne Heizer aus. Möglich machte dies eine halbselbsttätige Befeuerung, die sogenannte Schüttfeuerung. So brauchte man für ihren Betrieb nur einen Lokführer, was die Betriebskosten senkte und weniger ertragreichen Nebenstrecken wirtschaftlicher machte. Wegen der eigenwilligen Konstruktion des Führerhauses und der relativ großen Seitenfenster ist sie auch unter dem Beinamen „Glaskasten“ bekannt. Zwischen 1905 und 1914 wurden 48 dieser Nebenbahnlokomotiven gebaut, die letzte von ihnen wurde Anfang der 1960er Jahre außer Betrieb genommen.
Güterzuglokomotive Leopold Friedrich
Die Leopold Friedrich ist die älteste der hier gezeigten Lokomotiven – man erkennt ihren Pioniercharakter gut am noch fehlenden Führerhaus. Auch trägt sie einen Namen und keine Nummer, was ebenfalls typisch für die frühen Modelle ist. 1865 lieferte die Lokomotivfabrik Borsig die Maschine an die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn, die später von der preußischen Staatsbahn übernommen wurde. 1893 erfolgte ihre Ausmusterung.
Grafische Gestaltung:Stefan Klein und Olaf Neumann, Iserlohn
Motive: Schnellzuglokomotive S 3/6 und Nebenbahnlokomotive PtL 2/2
© Deutsche Bahn AG, DB Museum
Güterzuglokomotive Leopold Friedrich
© Verkehrsmuseum Dresden